Innovation in der Schichtarbeit – Am Anfang stand ein Vortrag von Michael Wieden zum Thema „Chronobiologie in der Personaleinsatzplanung“ sowie in der Folge ein gemeinsamer Workshop mit Führungskräften der Klinik Wartenberg. Gemeinsam haben wir Anfang 2019 das Projekt „COPEP® – Chronotypenorientierte Personaleinsatzplanung“ entwickelt. Hiermit betreten wir in dieser Größenordnung weltweites Neuland. Auch der dabei verwendete Bluttest der Charité zur Chronotypenermittlung wurde noch nie so umfänglich in Anspruch genommen.
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ACHTUNG UPDATE 01.08.2021
Das aktuelle Whitepaper des Projektes „COPEP – Chronotypenorientierte Personaleinsatzplanung“ mit allen Ergebnissen können Sie ab sofort hier herunterladen.
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Ausgangssituation – Schlafstörungen durch Schichtarbeit
Bei einer Vortragsreihe von uns vor Entscheidern aus Wirtschaft und Gesundheitswesen im Auftrag der AOK Bayern kam es im Nachgang zu einem Gespräch mit der Klinikleitung und den BGM-Verantwortlichen. Im Verlauf des Gespräches kristallisierte sich die Idee heraus, Schichtzeiten chronotypenoptimiert zu gestalten. Grundlage waren dabei die Ergebnisse regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen. Das Thema „Schlafstörungen“ wurde gerade unter den Mitarbeitern aus der Schichtarbeit zunehmend als belastend bezeichnet. In einem darauffolgenden Workshop wurden die Gedanken konkretisiert und konzeptionell in einem Gesamtprojekt „Chronobiologie in der Klinikpraxis“ festgezurrt.
Das Projekt
Als wissenschaftliche Leitung wurde Chronobiologe Prof. Dr. habil. Thomas Kantermann der FOM in Essen hinzugezogen, und im Verbund mit dem Team „BodyTime“ um den Chronobiologen Prof. Achim Kramer an der Charité in Berlin starteten wir im Juli 2019 gemeinsam das erste Teilprojekt, die Studie „Chronotypenorientierte Personaleinsatzplanung“. Im Vorfeld hat Michael Wieden in mehreren Vorträgen und Gesprächen die Mitarbeiter über die Thematik und den Projektablauf informiert.
Meilensteine
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Juli 2019 – Betriebsinterner KickOff-Gesundheitstag im Juli 2019 zusammen mit dem BodyTime-Team. Hier haben wir über das Projekt informiert und freiwillige Mitarbeiter für eine erste Studie geworben. Dies und weitere Maßnahmen haben letztendlich dazu geführt, dass sich über 120 Mitarbeiter für die freiwillige Chronotypisierung auf Basis eines Bluttests gemeldet hatten.
- Oktober 2019 – Blutentnahme und Transport der Proben an die Charité durch BodyTime erfolgt im Rahmen weiterer interner Gesundheitstage.
- November 2019 – Zusendung (online) der Ergebnisse der Chronotypisierung an die Teilnehmer auf Basis des festgestellten DLMO-Wertes.
- November 2019 – Interviews durch uns mit den Teilnehmern, die die Ergebnisse zur Weiterverarbeitung freigegeben hatten, um weitere Zeiten zu ermitteln (z.B. Fahrtzeiten, Morgen-/Abendhygiene, Kinderbetreuung etc.). Diese Zeiten wurden von uns dann im weiteren Verlauf zu der durch den Bluttest ermittelten biologischen Schlafzeit der Mitarbeiter hinzugefügt.
- Dezember 2019 – Ermitteln eines empfohlenen Arbeitsfensters als Grundlage für die weitere chronotypenorientierte Schicht- und Personaleinsatzplanung durch uns.
- Januar -März 2020 – Ausarbeitung der chronotypenorientierten Personaleinsatzpläne auf Basis der von uns empfohlenen Arbeitsfenster durch die Klink Wartenberg.
- 01.04.2020 – Start der neuen Arbeitszeiten
- 30.07.2020 – Ende des Studienzeitraumes
- Seit 08.2020 Wissenschaftliche Auswertung
- Präsentation der Ergebnisse im Juni 2021
Ergebnisse und Erfolge
Stand: 27.04.2021
Eine Veröffentlichung der Ergebnisse steht noch aus. Die vorläufige Auswertung deutet aber unter anderem auf folgende signifikant positiven Effekte der chronotypenorientierten Arbeitszeiten (COPEP) hin
- positive Auswirkungen auf die Schlafqualität und Tagesmüdigkeit (und somit auf Konzentration)
- reduzierter Weckergebrauch während des Studienzeitraums von April bis August 2020 (Teilnehmer schlafen tatsächlich aus)
- Verbesserungen im Gesundheitszustand hinsichtlich verschiedener Krankheitsthemen (wie z.B. Herz- Kreislauf, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen etc.) die auch darauf zurückzuführen sind, dass die Teilnehmenden dem Chronotyp entsprechend arbeiten konnten.
Mit der Veröffentlichung werden die exakten Werte bekannt gegeben werden. Wenn sie darüber informiert werden möchten, abonnieren Sie einfach unseren Newsletter.
Chronotypenverteilung
Nicht zuletzt hat die Klinik jetzt schon durch die Auswertung der Bluttests einen Überblick darüber, wie ein Teil der Mitarbeiter „tickt“. Dies ist bei jedem Projekt der Ausgangspunkt für alle weiteren Maßnahmen. Aus der Grafik rechts ist zu entnehmen, dass die Verteilung sich deutlich um einen DLMO zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gruppiert. Eine solche Kummulation war zu erwarten. Interessant sind jedoch vor allem die Spättypen. Einige Mitarbeiter weisen einen DLMO von später als 01.00 Uhr auf. Dies bedeutet, dass sich deren biologische Nacht zwischen 02.30 Uhr und 10.30 Uhr abspielt. Es sind sogar Personen im Testfeld dabei, deren biologische Nach sich noch später zeigt. Hierbei handelt es sich in diesem Fall um extreme Spättypen, die sogar eine biologische Nacht zwischen 06.30 Uhr und 14.30 Uhr bzw. 08.30 Uhr und 16.30Uhr aufweisen. Im Gegenzug zeigen sich aber auch extrem frühe Typen, deren biologische Nacht teilweise schon um 16.30Uhr beginnt und gegen 4.30 Uhr endet. Die biologische Nacht muss also keineswegs mit der irdischen Nacht zusammenlaufen.
Somit läßt sich tatsächlich aufzeigen, dass auch solche Extremtypen in Unternehmen zu finden sind. Gerade für die Belegung der Früh- und Nachtschichten innerhalb der Schichtarbeit sind dies wichtige Erkenntnisse.
Bewußtseinsbildung
Verbesserungen innerhalb der Schichtarbeit bezogen sich bisher in erster Linie auf die Art der Rotation. Wie die Mitarbeiter selbst ticken, war überwiegen nicht relevant. Die wichtigste Voraussetzung ist daher die Überzeugung der Unternehmensleitung. Nur durch die im Vorfeld bei den Entscheidern erzeugte Begeisterung für die Chancen, die in diesem Thema liegen war es möglich, ein Bewusstsein im Unternehmen zu schaffen, und diesen ersten Weg der Studie beschreiten zu können. Sowohl die Teilnehmer, als auch die Entscheider sehen nun vieles mit gänzlich anderen Augen. Auch dies alleine ist bereits als Erfolg zu bewerten.
Information
Veränderungen in der Schichtarbeit sind ein sehr sensibles Unterfangen. Zudem ist die Chronobiologie ein noch in der Öffentlichkeit nahezu unbekanntes Feld und birgt neben Chancen auch Potenzial für Ängste vor Veränderungen, wenn man manche Dinge nur oberflächlich betrachtet oder sie nicht erklärt. Die Anzahl der Teilnehmer in diesem Projekt wurde durch intensive Information durch uns, der Projektgruppe BodyTime, der wissenschaftlichen Leitung Prof. Kantermann, als auch durch das unternehmensinterne Projektteam erreicht. Es bedarf rücksichtsvoller Information, um Menschen zu gewinnen, die sich einem Bluttest unterziehen sollen. Die persönlichen Interviews waren daher besondern wichtig, um ggfs. auch Ängste auf Basis der persönlichen Situationen einschätzen und darauf basierend abbauen zu können.
Weiterer Verlauf
Aktuell findet die Validierung der Ergebnisse durch die Studienleitung statt. Sobald diese erfolgt ist, wird die Studie und deren Ergebnisse veröffentlicht.
Die Studie selbst ist „nur“ ein Teil des Gesamtprojektes „Chronobiologie“ an der Klinik Wartenberg. Sie bietet jedoch eine Grundlage für die weiteren Projekte. Wie es nach der Studie weitergeht, wird sich also nach Studienende zeigen. Wir werden hierzu regelmäßig berichten. Wenn sie informiert werden möchten, abonnieren Sie einfach unseren Newsletter.
Projektseite Klinik Wartenberg
Presse & Medien
Projektpartner
Initiator, COPEP, Mitarbeiterinterviews: aliamos GmbH
Chronoptypisierung, Erhebung: Charité Berlin/Projektgruppe Bodytime (Prof. Achim Kramer
BGW – Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
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